Eine kleine Geschichte der Bratsche

Ein Blog von Mascha Seitz

Wann entstand eigentlich die Bratsche? Und was kam zuerst, die Violine oder die Viola? Wie entwickelte sich die Größe der Bratsche? Wir wollen uns auf eine kleine Exkursion zu den Ursprüngen unserer geliebten Viola begeben.

Frühgeschichte der Streichinstrumente

Niemand weiß heute, wie weit die Geschichte der Streichinstrumente zurückreicht. Das einfachste „Streichinstrument“ ist ein Musikbogen, der aussieht wie ein Jagdbogen. In der frühen Geschichte nutzten die Spieler beispielsweise ihren Mund, Muscheln, oder Schildkrötenpanzer als Resonanzkörper. In China wurden bereits um 800 die ersten Streichinstrumente (Huqin) mit Bambusstreifen gestrichen. In Korea wurde hierfür ein mit Harz versehener Holzstab benutzt.
Die erste Quelle, die die Nutzung einer chinesischen Röhrenzither erwähnt, welche mit einem Stab gestrichen wurde, kommt aus dem 8. Jahrhundert. Die Verwendung des Instruments dürfte aber weiter zurückreichen. Archäologen fanden in den Ruinen von Dvin (Armenien) eine Glasvase, aus dem 9. oder 10. Jahrhundert, die einen Musiker zeigt, der ein Streichinstrument in einer der Viola ähnlichen Position hält. Aus derselben Zeit ist auch ein Bild mit einer gespielten Kamantsche (Spießgeige) bekannt.
Die Entstehung der indischen und arabischen Streichinstrumente ist heute ebenfalls nicht mehr datierbar. Eine Quelle, die das arabische Rabab erwähnt, stammt vermutlich aus dem 9. Jahrhundert. In Europa entwickelte sich aus dem arabischen Rabab die Rebec. Die Rebec und die Fidel, welche spätestens im 11. Jahrhundert in Europa Fuß fassten, sind die Vorgänger der Violenfamilie.

Erste Datierungen der Viola

Die Violenfamilie tauchte um 1500 in Italien auf. Die Kuppel des Santuario di Saronno in Norditalien zeigt eine Freske „Angeli Musicanti“ von 1534-36, auf denen die typischen Charakteristika der Viola- und Violinenfamilie, wie vier Saiten und die f-förmigen Schalllöcher zu sehen sind.

16. und 17. Jahrhundert

Die ersten bekannten Violen wurden von Andrea Amati (1505–1577) und Gasparo da Salò (1540-1609) gebaut.
Da Salò erschuf überwiegend große Violen, Amati stellte sowohl große als auch kleine Violen her. Von einem Auftrag aus dem Jahre 1565, als er für König Charles IX von Frankreich 38 Geigen, Violen und Cellos baute, ist nach den Zerstörungen während der französischen Revolution noch eine große Viola mit einer Korpuslänge von 47 Zentimetern erhalten. Sie ist im Ashmolean Museum in Oxford ausgestellt.
Auch Nicolò Amati (1596 - 1684), wichtigster Vertreter der Amati-Dynastie stellte überwiegend Violen mit großem Korpus her. Er gilt als Lehrer Antonio Stradivaris. Zunächst spielten die Violen Stimmen, welche instrumental nicht genauer bestimmt waren. Eines der ersten Stücke, die einen Part explizit für die Viola beinhaltet, war die 1597 vollendete „Sonata pian'e forte“ von Giovanni Gabrieli.

17. Jahrhundert bis heute

Im 17. Jahrhunder verloren die Gamben und die Tenor-Violen an Bedeutung. Stattdessen etablierten sich die Violoncellos. Baulich änderte sich an der Viola seit dem 16. Jahrhundert nicht viel. Im frühen 19. Jahrhundert ging die Entwicklung dahin, schwerere Saiten zu verwenden und mit mehr Spannung zu versehen. Der Winkel zwischen Hals und Korpus wurde nach hinten erweitert und der Hals verlängert.

Die Größe der Viola

Wenn man das Frequenzverhältnis zur Geige auf den Klangkörper überträgt, dürfte die Viola gemessen an ihrer kleinen Schwester einen Korpus mit bis zu 54 Zentimetern haben. Die Pragmatik des Spiels verkürzte die Violen jedoch zunehmend. Bis zum 18. Jahrhundert wurden immer weniger Stücke für die Tenor-Viola geschrieben, so verlor sie mehr und mehr an Bedeutung. Die kleinen Violen wurden beliebter, was sich vor allem ab 1740 zeigte. In den kommenden 100 Jahren entstanden ca. 140 Konzerte für Bratschen. Die Instrumente wurden in Folge der erhöhten technischen Spielanforderungen in ihrer Bauweise deutlich verkürzt.
Heute sind die Violen zwischen 38 und 47 cm, gängigerweise jedoch zwischen 40,5 und 43cm in Benutzung. Wer heute noch historisch erhaltene Instrumente sucht, der wird meist nur bei den Violen mit großem Korpus fündig. Diese sind aufgrund der schweren Spielbarkeit oft kaum benutzt und keinen Veränderungen unterzogen worden.

Was kam zuerst, Viola oder Violine?

Ob die Viola oder die Violine nun zuerst entstanden ist, ist unklar. Zumindest die Namensgebung legt nahe, dass die Viola den Ursprung bildet. Die Geige, die Bratsche und das Cello wurden im Italienischen zunächst alle als Viola bezeichnet. Aus dem Wortstamm entwickelten sich dann die späteren Bezeichnungen Violino, was man durch die Verkleinerungsform „-ino“ als kleine Viola oder Sopranviola übersetzen könnte, die Violone, die große Viola oder Bassviola, und Violoncello, die kleinere Bassviola.
Das Wort Bratsche leitet sich übrigens von dem italienischen Term „Viola da braccio“ - Armgeige ab. Die Bezeichnung zielt auf die Spielweise ab. Das Gegenstück dazu ist die Viola da Gamba, die Knie-Geige.
 
Links zum Thema
https://de.wikipedia.org/wiki/Streichinstrument
https://de.wikipedia.org/wiki/Bratsche
http://www.junge-klassik.de/Bratschengeschichte.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Gasparo_da_Sal%C3%B2
http://www.naxos.com/mainsite/blurbs_reviews.asp?
http://www.viola-in-music.com/history-of-the-viola.html


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Der Begriff Viola da braccio ist übrigens im 16. und 17., teilweise sogar noch bis ins 18. Jh. hinein gewöhnlich nicht mit Bratsche gleichzusetzen, sondern bezeichnet alle in Armhaltung gespielten Instrumente, also auch Violinen und sogar Violoncelli, die ebenfalls derselben Familie angehören (auch wenn sie in Beinhaltung gespielt werden wie die Gamben). Aus dem 17. Jahrhundert sind zahlreiche Stimmensätze überliefert, in denen sämtliche Instrumente als Viola da braccio bezeichnet sind, was es mitunter sehr schwierig macht festzustellen, welche Instrumente tatsächlich gemeint sind. (PhSch)



 
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