Tanzend spielen - auf ergonomisch angepassten Bratschen


 

Die Methode beruht auf Bewegung. Dadurch können bei den Kindern Verspannungen gemindert werden. Diesem Ziel dient auch eine spezielle Bratschenbauweise.

Tina Strinning ist Bratschistin. Sie stammt aus einer schwedischen Familie und wurde in der Schweiz geboren. Ihre Wurzeln liegen im Kanton Waadt, im Lavaux, das sie so sehr liebt. Tina Strinning hat viel gespielt: Sie hat nicht nur in vielen Orchestern gespielt, sondern auch mit drei anderen Musikern die Gruppe «Tamatakia» gegründet, mit der sie die «World Music» erforscht. Sie war viele Jahre lang Viola- und Violinlehrerin am Conservatoire de Lausanne. Ihre Lehrprojekte waren so erfolgreich, dass sie mit ihren Schülern durch ganz Europa tourte. Tina Strinning ist im vergangenen September in den Ruhestand gegangen, um sich ausschliesslich der Verbreitung ihrer Unterrichtsmethode zu widmen.
 

Tina Strinning mit Kindern

Frau Strinning, Sie haben eine besondere Pädagogik für Viola und Violine entwickelt. Können Sie uns mehr darüber erzählen?
Das grundlegende pädagogische Werkzeug, das ich für instrumentelles Lernen entwickelt habe, nenne ich «tanzende Violinen». Im Grunde geht es darum, sich beim Spielen zu bewegen. Es ist eine sehr effektive, neurologisch fundierte Arbeit: Sie gründet auf der Jaques-Dalcroze-Methode, der ich verpflichtet bin. Man übt die Autonomie der Gesten, die in der Praxis jedes Instruments wesentlich sind, und erweitert sie durch andere Bewegungen. Ich sagte mir, wenn wir erst alles komplizierter machen und beim Spielen auch unsere Füsse miteinbeziehen, würde es den Lernenden schlussendlich helfen, die Spannungen an ihrem Instrument zu lösen. Und tatsächlich, es funktionierte! Also habe ich das mit meinen Schülern aus der ersten Klasse gemacht; das war wie eine Saite mehr unter ihren Bögen.

Jetzt biete ich Schulungen für Lehrer an, die lernen möchten, wie man diese Methode anwendet. Es ist doch nicht normal, ein Hochschulstudium abzuschliessen und nicht einmal grundlegende rhythmische Übungen machen zu können oder nicht darauf trainiert zu sein, den musikalischen Aufbau zu fühlen. Und dennoch gibt es so viele, die wie ich am Ende des Musikstudiums den Eindruck haben, nur hinter einem Notenständer spielen zu können. Was ist der Sinn des Musizierens bei einem Kind? Es will Spass haben und unsere Aufgabe ist es, etwas mit ihm zu machen, während es Spass mit Klängen und Musik hat. Warum zwingt man die Kinder, eine Partitur hinter einem Notenpult zu reproduzieren, wenn wir ihnen beibringen können, Dinge zu fühlen, allein mit ihrem Instrument zu sein und eigene Übungen zu machen?

 

Bratsche für Kinder

Die Dalcroze-Methode hat dafür die Türen geöffnet und ich fühle, dass es meine Aufgabe ist, sie allen anzubieten. Ich unterrichte seit fast 40 Jahren mit grosser Freude und versuche, den Schülern mein musikalisches Verständnis sowohl in der klassischen Musik als auch in der Erforschung vielfältiger musikalischer Welten mitzugeben und sie auf ein hohes künstlerisches und technisches Niveau zu bringen. Heute verbringe ich meine Zeit damit, durch Europa zu reisen, um Lehrpersonen meine Methode zu vermitteln.

Können Sie uns mehr über die «Ministrings» erzählen?
Ich habe «Les Ministrings» im Jahr 2002 gegründet. Das Conservatoire de Lausanne bat mich, ein Ensemble aufzubauen, um die Schüler auf das Orchester vorzubereiten; aber es wurde bald etwas ganz anderes daraus. Beim Repertoire konzentrieren wir uns vor allem auf traditionelle Musik, die man als «World Music» bezeichnen könnte. Wir spielen auch Jazz und Swing (mein Assistent Baiju Bhatt, ein Jazzgeiger, trägt in dieser Beziehung vieles dazu bei). Das Wichtigste dabei ist, dass die Kinder alleine auf der Bühne sind. Es ist ihre Show und kein Erwachsener mischt sich ein. Es wird alles auswendig gespielt, gespickt mit einigen Improvisationsstücken. Beim Spielen wird getanzt. Dank unserer Arbeit der «tanzenden Violinen» verwandelt sich das Konzert in eine choreographierte Show.

 

Kinder mit Spass am musizieren

Das Musizieren kommt ohne jegliche Hilfsmittel aus, denn es ist unmöglich, hinter einem Notenpult zu stehen, wenn man tanzen muss! Aber es ist nicht nur die szenische Seite, die die Show ausmacht. Ich würde sagen, sie ist bloss die Sahnehaube auf dem Kuchen. In der Tat ist das Niveau der musikalischen Leistung dieser Gruppe sehr hoch. Sie allein würde ausreichen, um den Erfolg der Show zu gewährleisten. Das Projekt wurde schliesslich so erfolgreich, dass wir gezwungen waren, eine Aufnahmeprüfung einzuführen, weil so viele Kinder teilnehmen wollen. Jetzt sind es 30 und es ist uns wichtig sicherzustellen, dass diejenigen, die teilnehmen voll profitieren.
Letztes Jahr haben wir eine DVD und eine CD mit dem Geiger Gilles Apap eingespielt, um die ersten fünfzehn Jahre dieses Projekts zu dokumentieren.  http://ministrings.ch/albums.php

Sie komponieren auch...
Ja, ich habe viele Stücke für pädagogische Zwecke komponiert, die alle bei Jonglor Editionen erschienen sind und auf meiner Webseite heruntergeladen werden können. Die Werke sind auch auf Videos zu sehen. Es gibt Stücke und Ensembles für alle Niveaus.  http://www.jonglor.net/index.php

Für Viola-Schüler verwenden Sie ein bestimmtes Instrument. Was ist das Besondere daran?
Es ist eine Viola mit drei Ecken. Eine Ecke fehlt. Die Seite mit den hohen Saiten ist abgeflacht, was Kindern mit kleinen Händen das Greifen der hohen Lagen stark vereinfacht. Auf der Seite der tiefen Saiten ist der Korpus viel grösser: Das begünstigt die tiefen Resonanzen. Gleichzeitig bleiben die Wärme, Tiefe und das Volumen des Klangs erhalten. Für eine echte Viola sind die Kinder noch zu klein und es ist sehr wichtig, sie möglichst wenigen Verspannungen auszusetzen.

 

Kinder-Bratsche

Anfangs lasse ich sie auf der Geige beginnen, und wenn sie gross genug sind, schlage ich ihnen vor, zur Viola zu wechseln. Dann entdeckte ich die Viola mit drei Ecken in Helsinki bei den Colourstrings, bei denen alle Bratschisten auf Instrumenten dieses Typs spielten. Als ich zurückkam, sah ich, dass dieses Instrument auch in Frankreich sehr verbreitet war. Ich bestellte sodann die Instrumente für meine Schüler bei Bernard Sabatier, einem Pariser Geigenbauer, und liess sie von John Trælnes in Lausanne spezifisch auf jedes Kind anpassen. Die Kinder lieben die Drei-Ecken-Bratsche; sie finden sie lustig, weil sie ein bisschen aussieht wie Dalì-Uhren oder eine seltsame E-Gitarre. Ich lasse sie alle auf diesem Instrument beginnen, bis sie gross genug sind für eine 38er oder 40er Viola. Der Wechsel geschieht in der Regel im Alter von zwölf bis dreizehn Jahren.

Video-Beispiele:
« Pas de quoi », édition Jonglör, Mila sur un alto 3 coins: https://youtu.be/Dr0Bgjwy_sk
« Prélude », édition Jonglör, duo pour alto et violon: https://youtu.be/F0g2-qcgxsE
« Violons Dansants », Sarah sur un alto 3 coins: https://youtu.be/fXBlszYVHa0
« Les Ministrings et Violons Dansants », https://youtu.be/lV-S3VQtoc4
« Les Ministrings swing», https://youtu.be/haUlR-y6Sao

 

Aufführung mit Kinder-Bratsche

Ihre nächsten, anstehenden Projekte?
Am 30. März 2019 werde ich in Zürich an der Konferenz der «European String Teachers Association» über Ensemblemusik sprechen. Dann gehe ich für drei Wochen nach Mexiko, um Lehrpersonen zweier Schulen zu unterrichten. Es stehen auch mehrere Seminare mit Professoren in Europa auf der Agenda. Nach der Rückkehr von unserer Konzertreise in Krakau im Oktober 2018 haben «Les Ministrings» viele weitere Konzerte vor sich. Im nächsten Sommer werde ich einen Workshop für Finalisten des Schweizer Jugendmusikwettbewerbs leiten.

Frau Strinning, herzlichen Dank für das interessante Gespräch!

 Amadé Ammann schrieb am 28.10.2018 um 10:53
Liebe Frau Strinning, es hat mich sehr gefreut, von Ihrem bewegten und notenfreien Engagement für Streicherkinder zu lesen. Wurde Ihr Projekt nebst von Dalcroze nicht auch von Paul Rolland und seinem Approach "THE TEACHING OF ACTION IN STRING PLAYING" angeregt? Diese in den 1970er-Jahren entstandene Methode nutzt auch rhythmisch unterstützte schwingende Bewegungen zum entspannten Erlernen der Streicher-Grundelemente im Gruppenunterricht. Meine Jahrzehnte lange violinpädagogische Arbeit wurde davon geprägt. Herzlich grüsst Ihr Kollege Walter Amadeus Ammann, Bern
 Jeffreyter schrieb am 21.08.2023 um 21:47
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Gianluigi Bocelli
Dieser Blogartikel wurde verfasst von Gianluigi Bocelli. Er ist Gitarrist, Historiker, Schriftsteller und Musikwissenschaftler. Als Journalist arbeitet er mit der Schweizerischen Musikzeitung (SMZ) und dem Kurier zusammen.

Photos: Tina Strinning
   
 
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