Yuri Abramovich Bashmet  •  Teil 1


von Mascha Seitz
 
In diesem Artikel wollen wir ein paar Worte über einen weiteren Bratschen-Virtuosen verlieren. Yuri Bashmet (auch Juri Baschmet transkribiert), offen für alle Musikrichtungen und Experimente ist aber vor allem in der Klassik beheimatet und aus der heutigen Klassikszene nicht mehr wegzudenken. Von manchen wird er als „neuer Paganini“, von anderen als „Rockstar der Klassik“ oder „Sexiest Violist alive“ bezeichnet. Bashmet ist sowohl als Bratschist, Lehrer, Dirigent oder künstlerischer Leiter in aller Munde.
 
Am 24. Januar 1953 wurde Yuri Bashmet in Rostow am Don geboren. Er wuchs in der Ukraine, in Lemberg auf, nahe der polnischen Grenze. Seine Großmutter väterlicherseits hatte in Gesang am Konservatorium studiert. Seine Großmutter mütterlicherseits war ebenfalls musikalisch, sie sang jedoch Volkslieder.
 

Bashmets musikalische Erziehung begann früh und nachdem er bereits Klavier gelernt und mit der Violine Wettbewerbe gewonnen hatte, wechselte er bald zur Bratsche. Der Beatles-Fan spielte zu jener Zeit in einer von ihm gegründeten Band Gitarre (er versuchte sich auch am Schlagzeug). Ein befreundeter Bratschist empfahl ihm zur Bratsche zu wechseln, um weniger üben zu müssen und mehr Zeit für die Band zu haben. Bashmet folgte seinem Rat und begann mit 14 Jahren die Bratsche zu spielen.
 
1971 begann sein Violastudium am Moskauer Konservatorium. Zunächst studierte er bei Wadim Borissowski (Beethoven Streichquartett), nach dessen Ableben 1972 bei Fjodor Druschinin, dem Dimitri Schostakowitsch seine Sonate für Viola widmete. Druschinin wurde auch Bashmets Tutor und begleitete sein Studium über den Abschluss hinaus.
 
1972 erstand Bashmet eine Viola des Mailänder Geigenbauers Paolo Testore, aus dem Jahr 1758, die er bei Auftritten bis zum heutigen Tag noch verwendet. Bashmet erzählte in einem Interview, wie er in der Nacht nach seinem ersten Konzert im Moskauer Konservatorium einen Traum hatte, bei dem das Publikum sein Instrument bewunderte. Am nächsten Morgen erhielt er die schriftliche Aufforderung zu seinem Professor Borissowski zu kommen, der ihm die Testore gab und ihn für den Kauf auch noch finanziell unterstützte.
 

Noch als Student gewann er 1975 in Budapest den zweiten und in München den ersten Preis bei internationalen Wettbewerben. Im Jahr 1976 ging Bashmet mit dem Moskauer Kammer Orchester auf Deutschlandtournee. Im selben Jahr erhielt er den ersten Preis beim ARD-Musikwettbewerb, womit der Startschuss für seine Karriere als Solist gefallen war.
 

1978 begann er am Moskauer Konservatorium zu unterrichten, seit 1988 als Dozent und seit 1996 als Professor. Weiter geht er Lehrtätigkeiten an der Accademia Chigiana (Siena, Italien) und an der Akademie in Tours, Frankreich, nach. Über seine Art zu unterrichten sagte er, dass er den Schülern nicht gerne vorschreibt was sie zu tun haben, sondern lieber mit ihnen diskutiert, da sie auch neues Wissen und eine neue Atmosphäre einbringen. Es sei produktiver, sie mit Fragen zu konfrontieren, wobei es nicht darum gehe, ob sie eine exakte Antwort finden, sondern darum, dass sie darüber nachdenken. Wichtig sei die Vorstellungskraft und die Fähigkeit sich von technischen Problemen zu befreien. Das Wichtigste jedoch sei, einfach Musik zu spielen und die Liebe zur Musik. Übrigens fühle er sich selbst wieder jung, wenn er mit jungen Menschen musiziert. Leidenschaftlich setzt er sich nach wie vor für die Nachwuchsförderung ein.
 
Seit 1985 begann Bashmet auch zu dirigieren. 1986 gründete er das Kammerensemble „Moskauer Solisten“, bei dem hochtalentierte Studenten des Moskauer Konservatoriums unter seiner Leitung spielten. 2008 gewann das Ensemble einen Grammy Award. Seine Arbeit als künstlerischer Leiter und Chefdirigent des staatlichen Orchesters „Neues Russland“ begann 2002.
 
Die Liste namhafter Konzerthäuser in denen Bashmet auftrat oder die Liste der Orchester und Künstler, mit denen er dabei zusammenarbeitete -als Violist oder Dirigent- lässt kaum Wünsche offen. Besonders zu erwähnen ist aber sein freundschaftliches Verhältnis und seine zahlreichen Auftritte mit Swjatoslaw Richter. Nach Richters Tod übernahm Bashmet die künstlerische Leitung des Moskauer Festivals „Dezember-Abende“.
 
Yuri Bashmet gründete auch den ersten russischen Wettbewerb ausschließlich für die Viola, der jährlich in Moskau stattfindet. Darüber hinaus ist er beim internationalen Lionel Tertis Violawettbewerb in Großbritannien tätig und Jurymitglied bei Wettbewerben in München und Paris (Maurice Vie). Weiter ist er nach wie vor im internationalen Yuri Bashmet Musikfestival involviert, das seit 2006 jährlich stattfindet.  Der künstlerische Direktor ist der weißrussische Pianist Rostislav Krimer.
 

Der international tätige Wohltätigkeitsfond, den Yuri Bashmet gründete, veranstaltet die "Dimitri Schostakowitsch Preise" für herausragende künstlerische Leistungen.
 
In Sergej Solovjevs Kultfilm „Assa 2“, der 2009 erschien, hatte Bashmet sogar sein Filmdebüt. Das laute, geschäftige Treiben am Set genoß er übrigens sehr.
 
Über das Verhältnis zwischen Violine und Viola sagte Bashmet, die Geige sei dramatischer, aber die Bratsche philosophischer. Er bezeichnete den besonderen Klang der Viola als „Klang des Kosmos“. Die Viola sei nicht männlich und nicht weiblich, sie sei einfach nur Schönheit. Während einige die Bratsche als „Instrument zwischen Geige und Cello“ bezeichnen, sei die Viola für ihn das zentrale Instrument, die anderen befänden sich um die Viola herum.

Lesen Sie weiter über Yuri Bashmet in unserm Teil 2, der in zwei Wochen erscheint. Unter anderen mit folgenden Themen: «Bashmet und die Heimat», «Wettbewerbe und Preise», «Ehrungen und Ehren».

Hier finden Sie in unserem Music4Viola-Blog ein Interview mit Natalia Wächter, einer Bratschistin der Stuttgarter Philharmoniker, die am Moskauer Konservatorium Yuri Bashmets Unterricht genießen durfte.


Dokumentation auf Youtube über Yuri Bashmet in Deutsch
https://www.youtube.com

Quellen:
https://de.sputniknews.com

https://rbth.com/articles
http://violacentral.com
 

Klangproben:
https://www.youtube.com
Eine Aufnahme von Hindemiths Sonate für Viola, op.11 Nr. 4; 1985 in Moskau. Yuri Bashmet spielt gemeinsam mit Swjatoslaw Richter
 
https://www.youtube.com
Hier der dritte Satz von Schnittkes Viola-Konzert. Das Konzert widmete Schnittke Bashmet. Yuri Bashmet spielt die Solo-Bratsche, Dirigiert von Waleri Gergijew.
 Martin Bernhard (Facebook) schrieb am 19.03.2017 um 16:29
Die Bratsche ist mysteriös, sehr geerdet und baut mit Leichtigkeit Brücken zum Himmlischen.
 Vasile Hanciu (Facebook) schrieb am 21.03.2017 um 19:31
Es kommt auf den Solisten an, Yuri Bassmet kann alles spielen. Er ist eine Meister seines Faches.
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